Bekämpfung von Rassismus beginnt in Kinderbüchern -
Tipps für mehr Diversität im Kinderzimmer
Seit dem ich selbst Mutter geworden bin, setze ich mich mit meinem Projekt “Avalino” für mehr Vielfalt im Kinderzimmer ein. Ich fragte mich oft, wie einseitig, trist und unwahr die Welt ist, die ich meiner Tochter beim Vorlesen zeige. Und: Wie müssen sich schwarze Kinder, aber auch Kinder mit Behinderungen oder Kinder mit zwei Papas fühlen, wenn sie sich in Büchern und Geschichten nie wiederfinden und sich nie mit den Charakteren identifizieren können?
Vater Michael sitzt wie jeden Abend mit Tochter Behnaz auf der Couch und liest vor dem Einschlafen ein Buch mit ihr. Nichts Böses im Sinn habend greift er zu Pippi Langstrumpf; einem echten Klassiker und seinem damaligen Lieblingsbuch. Es dauert nicht lange da gelangt er zu der Passage, in der Pippi von seinem Vater als König schwärmt und in der zum ersten Mal das N-Wort fällt.
Anmerkung: Das N-Wort ist eine rassistische Fremdbezeichnung für Menschen Schwarzer Hautfarbe, die ich bewusst nicht ausschreiben werde.
Rasissmus in Kinderbüchern
Vor zwei Jahren begriff ich zum ersten Mal, dass die deutsche Kinderbuch-Landschaft ein Problem hat: Viele der älteren Bücher reproduzieren Rassismus, Diskriminierung oder Sexismus – wobei die Eltern das oft gar nicht aktiv wahrnehmen, da sie es nicht anders kennen. Die Sprache und Bilder stammen aus einer Zeit, in der z.B. das N-Wort noch nicht negativ belastet oder es ganz natürlich war, nur weiße klassische Familientraditionen mit Mama und Papa abzubilden.
Heute in 2021 sieht das anders aus. Das N-Wort steht für viel mehr als eine Hautfarbe und ist zutiefst verletzend; es ist eine Beleidigung, die mit weiteren negativen Attributen - geprägt durch die Kolonialzeit - in Verbindung gebracht wird. In Kinderbüchern, wie zum Beispiel alten Ausgaben von Pippi Langstrumpf oder Jim Knopf, wird dieser Begriff allerdings immer noch verwendet – und zwar ohne den so wichtigen erklärenden Kontext. Es fehlt die Aufklärung, dass es sich bei dem Wort um eine Beleidigung handelt und somit im schlimmsten Fall unterbewusst in den Sprachgebrauch übernommen wird.
Ähnlich verhält es sich übrigens auch mit der Darstellung der indigenen Bevölkerung; der Ureinwohner*innen Amerikas. Als Fremdbezeichnung wird oft noch das I-Wort verwendet und sich gerne zu Fasching mit Federn im Haar verkleidet.
Representation matters - was Eltern tun können
Dass sich Eltern oder Kindern in den meisten Fällen nichts Schlimmes dabei denken, ist mir vollkommen bewusst und ist auch in Ordnung, solange sie mit den Erkenntnissen richtig umgehen, weiterlernen und sich selbst reflektieren, um Änderungen zuzulassen. Rassistische Wörter und Ansichten haben in Kinderbüchern nichts zu suchen, denn genau hier beginnt reproduzierter Rassismus. Und gegen den können wir alle etwas tun.
Tipps für Eltern für mehr Diversität und Vielfalt im Kinderzimmer
Was können Eltern also tun, um Kindern das Thema Rassismus zu erklären? Wie können Eltern Vielfalt & Diversität in der Erziehung fördern? Welche Kinderbücher tragen dazu bei?
1. Der richtige Kinderbücher-Mix
Es ist natürlich vollkommen in Ordnung, wenn weiterhin Connie und Bibi & Tina vorgelesen werden (waren meine absoluten Lieblingsbücher-Reihen als Kind) – aber: vielleicht nicht ausschließlich. Es gibt mittlerweile ganz großartige Kinderbücher, die in der Bildsprache ganz natürlich auf die Darstellung der Realität setzen. Schwarze Kinder, Kids of Color, aber auch Kinder mit Behinderungen oder Kinder aus Regenbogenfamilien sind ganz natürlich Teil der Geschichte. Sprache und Bilder schaffen Realität!
2. Mit euren Kindern sprechen und rasisstische Wörter im Alltag meiden
...bzw. nur im Kontext und mit Aufklärung besprechen. Dass eure Kinder Fragen stellen, ist völlig normal und sogar super: Niemand kommt rassistisch auf die Welt und Kinder sind vorurteilsfrei. Erklärt euren Kindern, warum manche Worte heutzutage nicht mehr verwendet werden sollten. Bietet ihnen Alternativen und helft ihnen, Antworten finden.
3. Neues dazulernen und bisherige Ansichten kritisch hinterfragen
Dazu gehört jedoch auch, sich als Erwachsener selbst noch einmal sehr stark zu reflektieren. “Man kann es auch übertreiben”, “Das ist aber Kulturgut”, “Ich meine das ja aber gar nicht rassistisch”, “Ich bin nicht rassistisch, aber” sind oft erste Impulse, weil Weiterbildung auch bedeutet, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich selbst einzugestehen, dass Alltagsrassismus leider in uns allen verwurzelt ist.
Warum fällt es jede*m von uns so schwer, Änderung zuzulassen? Wird die Geschichte von Pippi in irgendeiner Weise schlechter, nur weil der Vater in den überarbeiteten Werken “Südseekönig” und nicht mehr “N-König” heißt? Ist es wirklich so schlimm, mein Kind nicht mehr als indigene Person, sondern als Roboter oder Tier zu verkleiden an Karneval?
Wir alle können einen Unterschied machen - und der beginnt bei den Kleinsten im Kinderzimmer.
Meine Lieblingsbücher
Hier eine kleine Übersicht meiner derzeitigen Lieblingsbücher:
- "Yoga für Minis" von Barbara Ekelund
- "Nelly und die Berlinchen - Rettung auf dem Spielplatz" von Karin Beese und Mathilde Rosseau
- "Das alles ist Familie" von Michael Engler und Julianna Swaney
- Und für Erwachsene: "Was weiße Menschen über Rassismus nicht hören wollen aber wissen sollten" von Alice Hasters
Von Eltern für Eltern - Dieser Artikel wurde von unserer Gastautorin Britta Kiwit geschrieben. Mehr von Ihr und Ihrem Projekt "Avalino" findet ihr auf Ihrer Website oder auf Instagram.
©Britta Kiwit
Dieser Artikel könnte dich auch interessieren:
Melde dich für den Kindaling Newsletter an und erhalte wöchentlich tolle Veranstaltungstipps und spannende Beiträge rund ums Thema Familie!